Donnerstag, 8. April 2010

Buchtipp: "Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben"

„Die Kühe gehen zweimal in den Stall“ –

Die Künstler Antje Schiffers und Thomas Sprenger haben Bauern überall in Europa besucht, die Höfe gemalt und im Gegenzug ein Dokumentations-Video erhalten.
VON HELMUT HÖGE Artikel in der TAZ
Zusammen mit einigen anderen Institutionen finanzierte die Bundeskulturstiftung 2007 im Rahmen ihres Programms "Arbeit in Zukunft" einige europaweite Kunstprojekte. Diese lappten zum Teil ins Soziale, das heißt ins Leben. Neben einer Verkaufsausstellung in Berlin von Waren aus 36 Produktivgenossenschaften unterschiedlichen Typs und verschiedener Branchen, genannt "Le Grand Magasin", war das eine Feldforschung bei landwirtschaftlichen Familienbetrieben unter anderem in Mazedonien, Rumänien, Deutschland und England. Ihr Titel lautete: "Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben". Es ging dabei darum, dass die Malerin Antje Schiffers jeweils eine Woche lang einen Hof malte und hernach das Bild gegen einen Videofilm tauschte, den der betreffende Bauer währenddessen von seiner Arbeit, seiner Familie und dem Vieh gedreht hatte. Dieser wurde dann von dem Künstler Thomas Sprenger geschnitten und vorgeführt. Danach fuhren die zwei Künstler weiter zum nächsten Hof.
Das Ergebnis ihres dreijährigen Unterwegsseins auf dem Land präsentierten sie kürzlich in der städtischen Galerie Nordhorn. Aber schon vorher hatten sie überall dort, wo sie sich jeweils eine Woche bei den Bauern aufgehalten hatten, ähnliche Veranstaltungen organisiert. Zudem gab es eine Vorlaufphase, die bereits 2000 in einigen niedersächsischen Dörfern begann. Im Frühjahr 2007 ging es dann mit der "Feldforschung" für das eigentliche EU-Projekt los - bei einem Bauern in der Steiermark. Verbunden damit war eine erste Ausstellung in Wien. Im Frühjahr 2008 waren die Künstler in Wales, worauf eine Ausstellung mit dem Titel "Village People" im Kunstverein Wolfsburg folgte. Meistens fanden ihre Veranstaltungen jedoch in Gemeindesälen statt oder zu Hause bei den Bauern, hier verbunden oft mit einem kleinen Festessen. Nur einmal, in Rumänien, bei religiösen Donauschwaben, bestanden die Gastgeber darauf, das Experiment vorzeitig abzubrechen. Vielleicht hatten sie etwas zu verbergen, oder die Künstler hatten sich in ihren Augen schlecht benommen.
Ansonsten ergibt die Auswertung ihrer dreijährigen Feldforschung, wobei Feld hier auch wörtlich im Sinne von Acker zu verstehen ist, eine reiche Beute an Geschichten in Bildern und Texten. Nicht nur wurde der thematische Anspruch des Projekts: "Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben" faktisch eingelöst, Schiffers und Sprenger haben damit auch eine Spur kreuz und quer durch Europa gelegt, es sind Freundschaften und Kontakte entstanden - und nun auch noch eine dicke mehrsprachige Dokumentation in Buchform, mit einem stilisierten Traktorfahrer auf dem abwaschbaren Cover.

Das Buch

Antje Schiffers und Thomas Sprenger: "Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben". Herausgegeben von der Städtischen Galerie Nordhorn im Rahmen des Projekts "Arbeit in Zukunft". argobooks, Berlin 2010, 255 Seiten, 24,80 €

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